Beziehungskiste: Tubenfalterin trifft Tubenquetscher

Zwei Menschen treffen sich, verlieben sich und ziehen zusammen. So romantisch. Aber sie haben keine Ahnung, worauf sie sich einlassen. Als du mit deinem Lieblingsmenschen zusammen gezogen bist, wusstest du damals, was mit deinen Zahnpasta- und Senftuben passiert, wenn dein Lieblingsmensch sie erst mal in die Hände gekriegt hat? Ich auch nicht. Lass uns drüber reden.

Hallo, ich bin Suzanne. Ich bin Zahnpastatubenfalterin. Ich schiebe die Zahnpasta sorgfältig mit den Fingern Richtung Öffnung und falte am hinteren Ende engmaschig hinterher, damit der ganze Inhalt effizient genutzt werden kann.

Die Falttechnik klappt sehr gut, bis…

Mit dieser Technik ist die Zahnpasta genau da, wo ich sie haben will: nah an der Öffnung. Immer bereit für Zähneputznotfälle. Genauso verfahre ich mit Tomatenmark- oder Senftuben. Das klappt sehr gut…bis die Quetschmenschen kommen, in der Tubenmitte drücken und alles wieder verteilen.

Der Faltfan

Ich bin so einer. So ein Faltfan. Du hast meine vorangegangene Beschreibung entweder mit bekräftigendem Nicken gelesen und hast dich entweder endlich verstanden gefühlt oder du hast fandest meine Erklärung irritierend. Empfandest du meine Ausführung als merkwürdig, dann bist du wohl ein Quetschmensch.

Der Quetschmensch

Bist du Quetschmensch, dann greifst du die Zahnpastatube irgendwo mittig und drückst drauf los immer das einzige und durchaus absolut nachvollziehbare Ziel verfolgend, dass sich die Zahnpasta durch die kleine Öffnung windet und auf deiner Zahnbürste landet.

Wenn Faltmenschen ihnen die Logik und Wichtigkeit vom sorgfältigen Falten von sämtlichen Tuben erklären, bleiben Quetschmenschen davon völlig unbeeindruckt.

Festverschließwesen trifft Lockerdrauflegetyp

Doch neben dem völlig konträren Handhaben von Tuben gibt es im Zusammenleben noch weitere Herausforderungen, denn es scheint so zu sein, dass wir Schraub- bzw. Klappenverschlüsse entweder so fest verschließen, dass sie kaum mehr öffenbar sind oder sämtliche Deckel und Verschlüsse lediglich locker drauflegen, sodass die Bezeichnung „Verschluss“ nur mehr Dekoration ist.

Ich bin Tubenfalterin und Festverschließwesen und lebe seit fast 20 Jahren mit einem Tubenquetschmenschen und Lockerdrauflege-Mann zusammen. Es ist mir auch nach so vielen Jahren ein absolutes Rätsel, wie man mit nicht bis zum Maximum verschlossenen Dosen oder geknitterten Tuben im Haus ruhig schlafen kann.

Flaschenpost? Tubennachricht!

Du hast dich sicher bereits als Faltfan, Quetschmensch, Festverschließwesen oder Lockerdrauflegetyp erkannt bzw. verkörperst eine Kombination. Die Gängigste scheint zu sein: Faltfans sind auch Festverschließwesen und Quetschmenschen sind gleichzeitig Lockerdrauflegetypen. Lass mich raten: Du lebst mit deinem genauen Gegenteil.

Es scheint ein geheimes, kosmisches Gesetz zu sein, dass innerhalb von Pärchen und Familien zwei verschiedenen Typen, ja ich möchte fast sagen, zwei verschiedenen Welten, zusammen kommen.

Der Faltfan regt sich über den Quetschmenschen auf und dieser wundert sich über dessen Falt- und Festdrehobsession.

Sich im Zusammenleben über solche Unterschiede aufzuregen wäre doch eine tolle Gelegenheit ein bisschen schlechte Stimmung heraufzubeschwören, oder? Ich war schon oft daneben, wenn so etwas in einem befreundeten Haushalt stattgefunden hat. Der Faltfan regt sich über den Quetschmenschen unsagbar auf und dieser wundert sich schon seit Jahren über dessen Falt- und Festdrehobsession.

Wenn du dich das nächste Mal dabei ertappst, dass du dich über deine Lieben wegen einer Tube oder eines Dosendeckel ärgerst, halte einen Moment inne und mach dir die Botschaft sämtlicher dieser Behältnisse bewusst: Wäre die Zahnpastatube immer so, wie du sie hinterlassen hast, dann würde dein Lieblingsmensch nicht mit dir das Badezimmer teilen. Du würdest allein leben.

Mit dieser Sichtweise hab ich sogar Freude dran, aus deformierten Tuben den letzen Rest an Inhalt herauszuarbeiten, da sie mich erinnern, dass dies das Abenteuer und die Schönheit des Zusammenseins ausmacht: Die Dinge sind anders, als sie wären, wäre ich allein.

Ist die Zahnpastatube offen, stört sich mein Falt- und Festdrehüberich nicht mehr dran. Ganz im Gegenteil. Mir wird warm ums Herz und ich bin so glücklich, dass da mein Tom ist, der sie benützt hat. Ich möchte es nicht anders haben.

Es ist nicht immer alles exakt so ist, wie du es hinterlassen hast, weil du glücklicherweise nicht allein lebst.

Erinnere dich an die Botschaft der Tuben und Dosen, wenn du dich das nächste Mal über eine Tube, die sich entspannt in alle Richtungen knittert oder über eine Dose, die unbegreiflich fest verschlossen wurden, ärgerst.

Sei dir bewusst, es ist ein Glück, dass nicht immer alles exakt so ist, wie du es hinterlassen hast, denn es gibt da einen Menschen in deinem Leben, dessen Eigenheiten Spuren hinterlassen.

Liebe Festverschließwesen, geehrte Lockerdrauflegetypen, werte Faltfans und hoch geschätzte Quetschmenschen, denken wir immer daran, dass wir uns glücklich schätzen können nicht allein zu sein, sondern dieses rätselhafte Wesen an unserer Seite zu haben, das unsre Welt bunter, spannender, ungewöhnlicher, chaotischer, geordneter und einfach reicher macht.


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